Störungen des Schriftspracherwerbs

Die Entwicklung der so genannten „Schriftsprache“ (Lesen und Schreiben) vollzieht sich nach gegenwärtig aktuellen Erkenntnissen in Stufen:

  • Bereits im Vorschulalter erkennt das Kind, dass Schrift  für etwas steht. Mit der Zeit ist es in der Lage, immer wiederkehrende, häufig betrachtete Wörter zu „lesen“ (z.B. Firmenlogos) und lernt meistens auch, den eigenen Namen zu schreiben.
  • In der ersten Klasse lernt das Kind, dass unsere Schrift das Lautsystem unserer Sprache repräsentiert, das heißt, gesprochene Laute in geschriebene Buchstaben übertragen werden können. Man spricht von „lautgetreuem Schreiben“, bzw. der „Laut-Buchstaben-Zuordnung“.
  • Ist das Kind geübt und sicher im lautgetreuen Schreiben - und nur dann - verfügt es über ausreichende Kapazitäten, die Besonderheiten der Schreibung, das heißt Abweichungen des lautgetreuen Schreibens zu erlernen. Das Kind lernt nun, dass es häufig auf Regeln oder Ableitungen zurückgreifen muss, um Wörter orthografisch richtig zu schreiben. Wird für ein Kind zu früh mit der so genannten „orthografischen Schreibung“ begonnen, kann dies zu großer, unter Umständen bleibender Verwirrung und Unsicherheit führen.

Wer in der Grundschulzeit - in der Regel in den ersten beiden Jahren - das Lesen und Schreiben nicht ausreichend erlernt hat, hat kaum noch die Möglichkeit, diese grundlegenden Fähigkeiten sicher zu erwerben. Ohne die Möglichkeit, Texte selbstständig zu lesen und deren Sinn zu verstehen, kann jedoch in der Schule Wissen nicht ausreichend erworben werden.

Bereits ab der dritten Grundschulklasse wird diese Fähigkeit vorausgesetzt und weiter ausgebaut. Hat ein Kind noch größere Schwierigkeiten beim Schreiben und Lesen, kann dies zu gravierenden Leistungseinbußen nicht nur im Fach Deutsch, sondern in sämtlichen Sachfächern und in Mathematik führen. Das Kind, bzw. der Jugendliche kann seine Fähigkeiten nicht optimal entwickeln, Leistungsdefizite nehmen zu, die Möglichkeit eines erweiterten Bildungsabschlusses ist - bei ursprünglich guten kognitiven Fähigkeiten - eingeschränkt. Häufig ist bei diesen Kindern in späteren Jahren die Allgemeinbildung deutlich reduziert. Bei Intelligenzmessungen kann es zu niedrigeren Ergebnissen als beim Schuleintritt kommen, man spricht vom „absinkenden Intelligenzquotienten“.